Eppli setzt mit DDG AG auf Künstliche Intelligenz bei der Schmuckbewertung

200, 15.000 oder 400.000 Euro? Wer wissen möchte, was sein Ring, seine Kette oder Uhr wert ist, braucht den Rat und die Einschätzung von Experten. Das Stuttgarter Auktionshaus Eppli handelt mit Luxus-Vintagestücken und entwickelt derzeit mithilfe der DDG AG eine Künstliche-Intelligenz-Technologie, die die Schmuckbewertung schneller und transparenter macht. Die jahrzehntelang gewachsene menschliche Expertise ersetzt sie nicht – sie ergänzt die Bewertung der Fachleute von Eppli. Mit dem Schritt, eine KI-Technologie zu entwickeln und einzusetzen, sind Eppli und DDG Pioniere in der Branche.

Gesichtserkennung, Schachspiel, Sprachassistenten, autonome Fahrzeuge – Künstliche Intelligenz ist in vielen Bereichen unseres Lebens angekommen. Sie soll uns unterstützen, uns Aufgaben abnehmen und Abläufe optimieren. Kurzum – das Leben und Arbeiten erleichtern. Diesen Vorteil hat auch das Stuttgarter Unternehmen Eppli erkannt, das größte Auktionshaus Süddeutschlands und Händler von Luxus-Vintagestücken. Es bezieht künftig Künstliche Intelligenz in die Bewertung und Schätzung von angebotenen Wertgegenständen mit ein. Mit dem Einsatz der KI-Technologie gehen Eppli und DDG als Pioniere in der Branche neue Wege.

An neun Standorten können Kunden ihre Schätze den Eppli-Experten vorlegen. Die Kunsthistoriker, Uhrenexperten, Gemmologen, Numismatiker, Modeexperten, Nachlassberater und Generalisten prüfen die Gegenstände – von Kunstwerk über Schmuckstück bis hin zu Designerkleidung – und beraten die Kunden, geben eine Ersteinschätzung zum Wert und erstellen auch Gutachten und Bewertungen zu Stücken. „Vor allem das Sichten und Auswerten von Daten ist oft mit einem hohen Aufwand verbunden; es ist zeit- und kostenintensiv“, sagt Ferdinand Eppli, Geschäftsführer des Auktionshauses und Familienunternehmens. Das sei für die Besitzer des Schmucks, die ihre Stücke verkaufen möchten, oft undurchsichtig.

Umsatz von Pre-owned-Schmuck wächst – und damit die Nachfrage nach Bewertungen

Eine Technologie für automatisierte Bewertungen von Vintage-Luxusstücken gibt es zwar bereits, doch sie ist noch nicht effizient. Und die Effizienz ist nicht nur von Vorteil für die Kunden, sondern auch für die Experten und das Unternehmen. Denn das Marktvolumen für Schmuck und Uhren aus zweiter Hand lag 2020 bei 21 Milliarden Euro weltweit und entwickelt sich mit acht Prozent Umsatzwachstum pro Jahr schneller als der Primärmarkt für diese Luxusgüter. Die Folge: Auch die Nachfrage nach professionellen Bewertungen, Wertschätzungen und Gutachten steigt.

Eppli hat als Partner für die komplett neue KI-Technologie die DDG AG an der Seite, die mit verschiedenen mittelständischen Unternehmen zusammenarbeitet, um branchenspezifische Probleme mit neuen Technologien zu lösen. DDG unterstützt Eppli bei der Entwicklung eines funktionsfähigen Prototyps sowie später bei einer sinnvollen Kommerzialisierungs- und Markteinführungsstrategie für die gemeinsam geschaffene Lösung. Die jahrzehntelange Expertise von Eppli bei der Schmuckbewertung wird auch weiter erhalten bleiben – die KI-basierte Lösung kann die manuellen Prozesse jedoch beschleunigen, transparenter gestalten und optimieren.

Doch wie funktioniert KI bei der Schmuckbewertung? Aufgrund vieler Daten, die die Künstliche Intelligenz und selbstlernende Algorithmen bewerten und zuordnen. Muster werden erkannt und entsprechende Regeln und Gesetzmäßigkeiten abgeleitet. Philipp Schramm, Chief Operations Officer (COO) der DDG AG, erklärt: „Im Fall von Eppli gleicht die Künstliche Intelligenz das zu bewertende Schmuckstück mit zwei Datensätzen ab: einerseits mit visuellen Daten, andererseits mit Text und sonstigen unstrukturierten Daten, wie etwa Expertisen und Belegen.“ Auch der aktuelle Wert der eingesetzten Rohstoffe eines Schmuckstücks, wie Gold oder Edelsteine, wird einbezogen.

KI bezieht Verkaufs- und Auktionsdaten, Alter, Stilrichtung und Modetrends mit ein

„Durch das Einbeziehen aktueller und historischer Verkaufs- und Auktionsdaten aus verschiedenen Webshops und von Auktionsplattformen kann die KI für die erzielten Preise vergleichbare Stücke anhand des Alters, der Stilrichtung und Machart oder der Marke des Herstellers in die Bewertung mit einpreisen“, ergänzt Alexander Fridhi, CEO der DDG AG. „Auch Faktoren wie Modetrends oder Sammlerwerte können so berücksichtigt werden.“ Am Ende gibt die KI eine Preisspanne für das Schmuckstück an.

Das Sichten und Auswerten von solchen Daten lag bisher auch in der Verantwortung der Eppli-Experten – und sie werden dies auch weiterhin im Blick haben. „Die KI kann unsere Experten bei ihrer Arbeit unterstützen, da beispielsweise große Datenmengen in sehr kurzer Zeit ausgewertet werden können“, sagt Ferdinand Eppli. Die Bewertung von Schmuckstücken soll so effizienter, komfortabler und schneller werden.

Schneller – was bedeutet das? Für einfachere Schmuckstücke, wie etwa schlichte Goldringe ohne Besatzsteine, könne eine Bewertung sozusagen in Echtzeit erfolgen, wie DDG-CEO Alexander Fridhi es einschätzt. Bei aufwändigeren Schmuckstücken müssten eventuell komplexere Verfahren und mehrere KI-Modelle hinzugenommen werden. „Aber selbst in diesen Fällen dauert die automatisierte Bewertung der KI lediglich wenige Minuten“, so Fridhi.

Mehrere Modelle und Verfahren: Objekterkennung in Bildern, Text Mining, NLP

Zu den Stichwörtern Verfahren und KI-Modelle: Die DDG AG greift auf verschiedene Technologien zurück – zum Beispiel „Object Detection“, die automatische Erkennung von Objekten in Bildern. „Dies wurde bereits bei Partnerunternehmen von uns im Bereich Baugewerbe erfolgreich eingesetzt, um Gegenstände zu lokalisieren“, erklärt Philipp Redlinger, Head of Innovation der DDG AG.

Auch Natural Language Processing (NLP) ist ein Bestandteil der bei Eppli eingesetzten KI, ebenso wie Text Mining – das Verarbeiten von menschlicher Schriftsprache. Philipp Redlinger ergänzt: „Die spielt vor allem bei der Suche nach Transaktionen mit vergleichbaren Wertgegenständen anhand der Beschreibungstexte in verschiedenen Webportalen eine Rolle.“ Diese Technologie hat die DDG AG schon bei der automatisierten Einordnung und Verschlagwortung von geschäftlichen E-Mails anhand ihres Inhalts erfolgreich angewandt.

Doch die Technologie hat auch ihre Grenzen. KI-Modelle, so erklärt es Philipp Redlinger, könnten meist nur Muster und Signale in den Daten erkennen, wenn diese auch Bestandteil der zum Training verwendeten Datensätze sind. Mit Signalen, die in den Trainingsdaten gefehlt haben oder mit Mustern, die sich im Laufe der Zeit ändern, kann eine Künstliche Intelligenz nur schwer arbeiten. Aber: „Sie können über ein erneutes Anlernen des Modells, das sogenannte Retraining, einbezogen werden.“

Grenzen der KI: Sentimentaler Wert und Promibonus

Es gibt auch eine andere Art von Grenze: KI hat weder Fingerspitzengefühl noch Empathie. Mag Künstliche Intelligenz im Gegensatz zu menschlichen Experten zwar von eigenen Vorlieben und Abneigungen frei sein; auch der beste Algorithmus kann das Gefühl eines Menschen niemals erreichen. Vor allem Schmuckstücke von Prominenten, die versteigert oder verkauft werden sollen, haben oft einen individuellen, sentimentalen Wert für jemanden. Referenzwerte von anderen Transaktionen, bei denen Gegenstände von Promis angeboten worden sind, können als Anhaltspunkt für die KI dienen. Und je bekannter ein Prominenter ist oder war, desto höher ist die Chance für die Technologie, im Netz Vergleichswerte zu finden und den „Promibonus“ zumindest grob zu berücksichtigen.

Dennoch macht Ferdinand Eppli klar: KI wird die Schmuckbewertung durch seine Experten unterstützen und ergänzen – aber keinesfalls ersetzen. „Wir haben bei der Schmuckbewertung einen sehr großen Anteil an Kunden der Altersgruppe 65+, und für diese Menschen wird die persönliche Beratung weiterhin sehr wichtig sein.“ Allerdings möchte Eppli mit dem Einsatz von KI auch auf die jüngere Zielgruppe reagieren, die das Auktions- und Handelshaus in den vergangenen Jahren gewinnen konnte. Zudem kann Eppli mit KI einen größeren Kundenkreis ansprechen, weit über die Grenzen Stuttgarts oder Süddeutschlands hinaus – die Digitalisierung macht es möglich.

KI könnte künftig auch Echtheit und Qualität von Edelsteinen bestimmen

Ferdinand Eppli denkt aber auch schon weiter und sieht für Künstliche Intelligenz im Bereich Schmuck und Edelsteine noch viel Potenzial: „Ich gehe davon aus, das mit dem Einsatz von KI noch sehr viel möglich sein wird, was wir uns aktuell noch gar nicht vorstellen können.“ Ein Beispiel? „Eventuell lässt sich auch die Echtheit oder die Qualität von Edelsteinen wie Farbe, Reinheit oder Schliff über die KI bestimmen.“

Der Geschäftsführer von Eppli denkt bei der Entwicklung einer KI zur Schmuckbewertung natürlich auch an das Familienunternehmen: „Ich setze darauf, dass es mit dazu beiträgt, dass die Marke Eppli sich dadurch weiterentwickelt und ihren Charakter als innovative, dynamische Marke im Bereich ‚Pre-Owned Luxury Goods‘ beibehält und weiter ausbaut.“